Nichtlineare Kristalle

Was sind nichtlineare Kristalle?

Nichtlineare Kristalle sind spezialisierte Materialien, die so mit Licht interagieren, dass es seine Frequenz (Farbe), Phase, Polarisierung und andere Eigenschaften ändert. Das Ausmaß dieser Effekte hängt von der Intensität der Lichtquelle ab. Das unterscheidet sie von traditionellen Optiken, bei denen die Interaktion des Lichts mit dem Material mit sich ändernder Lichtintensität nicht variiert.

Nichtlineare Kristalle sind spezialisierte Materialien, die eine wichtige Rolle im Optikbereich spielen, da sie die Manipulation des Lichts auf eine Weise ermöglichen, die mit herkömmlichen optischen Materialien nicht möglich ist. Diese Kristalle unterscheiden sich von ihren „linearen“ Gegenstücken dadurch, dass sie die Veränderung von Frequenz, Phase und Polarisierung als Reaktion auf die Intensität des durch sie hindurchgestrahlten Lichts ermöglichen.

Nichtlineare Kristalle sind ein grundlegender Baustein einer Vielzahl von modernen optischen Technologien und Anwendungen. Diese reichen von der Laserfrequenzumwandlung bis hin zu optischen Telekommunikationssystemen.

Für eine detaillierte Beschreibung nichtlinearer Kristalle sind fortgeschrittene mathematische Kenntnisse erforderlich. Dieser Überblick wird sich jedoch auf eine nicht-mathematische Einführung in ihre grundlegenden Prinzipien und wichtigsten Anwendungsbereiche konzentrieren und die Materialien vorstellen, die am häufigsten für nichtlineare Kristalle verwendet werden.

 

Was sind nichtlineare optische Effekte?

Die meisten Interaktionen zwischen Materialien (ob fest, flüssig oder gasförmig) und Licht finden linear statt. Das bedeutet, dass sich die Größenordnung des Effekts, den das Material auf Licht ausübt, nicht mit der Intensität des Lichts verändert. Daher sind Licht-Material-Interaktionen wie Brechung, Reflektion, Übertragung, Absorption und Beugung nicht intensitätsabhängig.

Beispielsweise ändert sich die Brennweite eines Objektivs, das auf Lichtbrechung basiert, nicht, wenn das Licht heller wird. Der Winkel, in dem ein Spiegel Licht reflektiert, ändert sich nicht in Abhängigkeit von der Lichtintensität.

Für nichtlineare optische Effekte jedoch gilt das Gegenteil. In diesem Fall beeinflusst die Intensität des Lichts, wie das Material mit ihm interagiert. Manchmal ist dieser Prozess unerwünscht, er kann jedoch auch eingesetzt werden, um Ergebnisse zu erzielen, die unter linearen Bedingungen unmöglich wären.

Die nützlichsten nichtlinearen Effekte verändern die Frequenz, verstärken oder ändern die Phase und/oder Polarisierung von Licht. Die Lichtintensität, die benötigt wird, um signifikante nichtlineare Effekte zu erzielen, ist relativ hoch. Daher sind diese Effekte für die meisten gewöhnlichen Lichtquellen meist vernachlässigbar. Laser jedoch können mit Leichtigkeit die erforderlichen Intensitätsstufen erreichen, daher treten nichtlineare Effekte bei ihnen recht häufig auf. Es lohnt sich, diese Phänomene im Einzelnen zu betrachten.

 

Frequenzvervielfachung

Beinahe alle leistungsstarken, industriell eingesetzten Festkörperlaser und Faserlaser emittieren Licht im Nahinfrarotbereich bei ca. 1 µm Wellenlänge. Allerdings ist es bei vielen Materialbearbeitungsverfahren vorteilhaft, mit kürzeren Wellenlängen zu arbeiten. Ein Beispiel ist die bessere Übereinstimmung mit der Absorption des verarbeiteten Materials – insbesondere von Metallen, die im Infrarotbereich tendenziell eine hohe Reflektivität zeigen. Zudem können kürzere Wellenlängen in kleineren Spots fokussiert werden. Das ermöglicht die Erzeugung kleinerer Muster.

Die Frequenzumwandlung oder -vervielfachung ist ein weit verbreitetes Verfahren, um mit diesen verschiedenen Infrarotlasern eine kürzere Wellenlänge zu erzielen. Beispielsweise kann die Wellenlänge von 1.064 nm bei einem Nd:YVO₄-Laser durch Frequenzverdoppelung auf 532 nm (grün) oder durch eine Frequenzverdreifachung auf 355 nm (ultraviolett) geändert werden. Genauso werden diese Ausgangswellenlängen auch in den Coherent-Lasern AVIA LX, AVIA NX und MATRIX 355 erreicht. Die Vervierfachung der Frequenz eines Festkörperlasers auf 266 nm Wellenlänge (tieferes Ultraviolett) ist ebenfalls möglich. Beispiele hierfür sind der Coherent HyperRapid NXT und Azure NX.

Wie funktioniert das? Die Frequenzverdoppelung bzw. zweite Oberwellengeneration (Second Harmonic Generation, SHG) erfolgt, wenn ein nichtlinearer Kristall die Frequenz eines Lichtstrahls, der ihn durchläuft, auf exakt das doppelte der ursprünglichen Frequenz verändert (und damit seine Wellenlänge halbiert). Das geschieht, weil die nichtlineare Natur des Kristalls es Photonen (Lichtteilchen) im Lichtstrahl ermöglicht, sich in Paaren zu kombinieren und einzelne Photonen mit der doppelten Energie zu bilden. Dadurch ändert sich die Farbe des Lichts in die Farbe, die der doppelten Frequenz entspricht.

Die Frequenzverdreifachung geht mit demselben Konzept einen Schritt weiter, indem die Effekte der Frequenzverdoppelung mit einem zusätzlichen Prozess kombiniert werden, um die ursprüngliche Frequenz des Lichts zu verdreifachen. Das wird üblicherweise in zwei Schritten erreicht: Zuerst wird die Frequenz des Lichts verdoppelt und dann wird das verdoppelte Licht innerhalb desselben oder eines anderen nichtlinearen Kristalls mit mehr ursprünglichem Licht gemischt. Diese Interaktion erzeugt Licht mit der dreifachen Energie (Frequenz) des ursprünglichen Lichts.

Damit dieser Prozess erfolgreich stattfinden kann, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein. Zuerst muss natürlich das Material selbst die notwendigen Fähigkeiten für nichtlineare Interaktionen mit dem eintreffenden Licht aufweisen. Zweitens muss die Lichtintensität des Eingangslasers ausreichend hoch sein, und je höher diese Intensität ist, desto effizienter findet der nichtlineare Effekt statt.

Eine weitere wichtige Bedingung für die Frequenzvervielfachung ist die „Phasenanpassung“. Diese ist erforderlich, da die Streuung innerhalb des nichtlinearen Kristalls dazu führt, dass sich das Eingangslicht mit der längeren Wellenlänge und das erzeugte harmonische Licht mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen. Dieser Geschwindigkeitsunterschied kann zerstörerische Interferenzen zwischen den beiden Lichtstrahlen auslösen, die die Effizienz der Oberwellengeneration reduzieren.

Mithilfe einer Phasenanpassung lässt sich das durch die Streuung ausgelöste Problem überwinden. Sie gleicht die Phasen der fundamentalen und harmonischen Wellen aneinander an, sodass sie sich mit derselben effektiven Geschwindigkeit bewegen und die Interferenzen im gesamten Kristall konstruktiv bleiben. Diese Anpassung stellt sicher, dass die Energieumwandlung von der fundamentalen Welle in die harmonische Welle maximiert wird.

Bei manchen nichtlinearen Kristallen ist auch eine Temperaturkontrolle hilfreich. Der Grund dafür ist, dass die Temperatur Auswirkungen auf den Brechungsindex des Kristalls haben kann, der wiederum die Bedingungen für die Phasenanpassung beeinflusst. Daher bieten viele Hersteller – wie Coherent – ihre Produkte in einen harmonischen Kristallofen integriert an.

 

Summenfrequenzerzeugung und Differenzfrequenzerzeugung

Die Summenfrequenzerzeugung (SFG) und Differenzfrequenzerzeugung (DFG) sind zwei weitere nichtlineare Prozesse, mit denen sich die Wellenlänge des Laserlichts ändern lässt. Dabei werden zwei eintreffende Lichtwellen kombiniert, um eine dritte Lichtwelle mit einer anderen Frequenz als die beiden ursprünglichen Lichtstrahlen zu erzeugen. Das zentrale Funktionsprinzip der SFG ist, dass die Frequenz der neuen Lichtwelle die Summe der beiden Eingangsfrequenzen ist. Im Gegensatz dazu ist bei der DFG die Frequenz der neuen Lichtwelle die Differenz zwischen den beiden Eingangsfrequenzen.

Der optische parametrische Verstärker (OPA) ist eine wichtige Ausführungsform der DFG und wird verwendet, um einen Laserstrahl zu verstärken, ohne dass das Signal durch ein Medium absorbiert und dann neu emittiert werden muss. In einem OPA werden zwei Lichtstrahlen in den nichtlinearen Kristall eingeleitet. Ein hochintensiver „Pumpstrahl“ mit einer höheren Frequenz und ein schwächerer „Signalstrahl“ mit einer niedrigeren Frequenz (dieser soll verstärkt werden). Die Eigenschaften des nichtlinearen Kristalls ermöglichen die Übertragung von Energie aus dem Pumpstrahl in den Signalstrahl. Dieser Prozess wird als parametrische Abwärtskonversion bezeichnet.

 

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Schematische Darstellung von SFG, DFG und OPA und der Beziehung zwischen den ein- und ausgehenden Lichtfrequenzen in diesen.

 

Der OPA hat mehrere Vorteile gegenüber traditionellen Verstärkern. Diese umfassen ein geringes Rauschen, üblicherweise eine bessere Strahlqualität, Fähigkeiten zur Pulsformung, die Fähigkeit zum Umgang mit sehr hohen Spitzenleistungen und seine Unterstützung ultrakurzer Pulse.

Neben dem verstärkten Signalstrahl gibt der OPA auch einen „Idler-Strahl“ aus. Dabei handelt es sich um den durch die DFG erzeugten Strahl, daher ist seine Frequenz die Differenz aus den Frequenzen von Pump- und Signalstrahl.

Diese Beziehung ermöglicht auch eine Abstimmung der Wellenlängen. Anders gesagt ist es möglich, den Signalstrahl sowohl zu verstärken als auch seine Frequenz zu wählen. Die Frequenz des Idler-Strahls muss sich dann ebenfalls ändern, um die Bedingungen einer DFG zu erfüllen.

Hierdurch lassen sich Lasersysteme mit extrem hoher Abstimmbarkeit entwickeln, die für ein großes Anwendungsspektrum geeignet sind. Beispielsweise ermöglicht der Coherent OPerA Solo eine Abstimmung im enorm großen Spektralbereich von 240 nm bis 20 µm, je nachdem, wie genau er konfiguriert ist.

 

Vanadat-Laserverstärkungskristalle

OPAs wie der Coherent OPerA Solo ermöglichen riesige Abstimmungsbereiche.

 

Der Kerr-Effekt

Der Kerr-Effekt ist ein nichtlineares optisches Phänomen, bei dem sich der Brechungsindex eines Materials in Abhängigkeit von der Intensität des eingestrahlten Lichts verändert. Je intensiver das Licht, desto stärker die Veränderung. Der Kerr-Effekt ermöglicht die Modulation eines Lichtstrahl in Echtzeit, basierend auf seiner Intensität, und hat viele verschiedene Anwendungsbereiche.

Beispielsweise wird der Kerr-Effekt in optischen Switches und Modulatoren verwendet, die ein zentraler Baustein von Telekommunikationssystemen sind. Indem sie die Intensität des Lichts (und damit den Brechungsindex des Materials) variieren, können optische Switches die Richtung eines Lichtstrahls in faseroptischen Netzwerken steuern. So lassen sich Informationen mit hoher Geschwindigkeit lenken, ohne sie in elektrische Signale umwandeln zu müssen.

Eine weitere Anwendung für den Kerr-Effekt ist die Formung von Laserpulsen. Durch den Einsatz des Kerr-Effekts zur Erzeugung einer Phasenmodulation lassen sich sowohl die zeitlichen als auch die spektralen Eigenschaften eines Pulses verändern. Das ist wichtig für Anwendungen, in denen eine präzise Kontrolle über die Dauer und Frequenz von Laserpulsen benötigt wird. Die Anwendungsbereiche hierfür reichen von bestimmten Mikroskoptypen bis hin zur Materialbearbeitung.

Der Kerr-Effekt ermöglicht auch die Bildung optischer Solitonen. Das sind Lichtpulse, die ihre Form über lange Strecken beibehalten, ohne sich zu zerstreuen. Diese Eigenschaft ist besonders nützlich in der faseroptischen Kommunikation über lange Strecken, da Solitonen Informationen mit minimalem Verlust und minimaler Verzerrung über große Distanzen übertragen können.

 

Wichtige nichtlineare Kristalle

Heutzutage werden viele verschiedene nichtlineare Kristalle eingesetzt. Jeder davon ist für eine bestimmte Anwendung (wie SHG oder OPA) oder für bestimmte Betriebsbedingungen besonders gut geeignet. Im Allgemeinen jedoch heben sich die beliebtesten Materialien durch ihre hohen nichtlinearen optischen Koeffizienten, große Transparenzbereiche und gute Fähigkeiten zur Phasenanpassung hervor, zusammen mit verschiedenen praktischen Eigenschaften (verfügbare Größe, Fähigkeiten im Umgang mit Leistungsniveaus, Kosten usw.). Einige der am weitesten verbreiteten Materialien sind:

Lithium-Triborat (LBO): LBO ist für seine hohe Schadensschwelle und seinen großen Transparenzbereich bekannt, sodass es für Hochleistungsanwendungen im Bereich Frequenzverdoppelung und OPO geeignet ist. Es kann für die effiziente SHG sowohl in Festkörperlasern als auch in anderen Laserquellen über einen großen Wellenlängenbereich hinweg eingesetzt werden.

Beta-Barium-Borat (BBO): BBO wird für seinen großen Transparenzbereich (von ultraviolett bis in den Nahinfrarotbereich), seine hohe Schadensschwelle und hohe nichtlineare optische Koeffizienten geschätzt. Es wird hauptsächlich für Frequenzverdoppelung, -verdreifachung und andere nichtlineare optische Prozesse in einem breiten Wellenlängenbereich eingesetzt, einschließlich des Ultraviolettbereichs.

Kaliumtitanylphosphat (KTP): KTP kommt häufig für die Frequenzverdoppelung in Festkörperlasern (bei 1.064 nm) zum Einsatz, um grünes Licht mit 532 nm zu erzeugen. Es bietet gute nichtlineare optische Eigenschaften, eine relativ hohe Schadensschwelle und eignet sich gut für OPO-Anwendungen. KTP wird auch für seine Flexibilität bei der Phasenanpassung geschätzt.  Zudem kann KTP periodisch gepolt werden. Das bedeutet, dass periodische Alternationen in der Orientierung seiner elektrischen Polarisierung erzeugt werden können. Das periodische Polen ermöglicht die optische parametrische Modulation (OPM) und effizientere nichtlineare Interaktionen.

Kaliumdihydrogenphosphat (KDP) und Kaliumdideuteriumphosphat (KD*P): Diese Kristalle werden aufgrund ihrer hohen nichtlinearen optischen Koeffizienten und ihres großen Transparenzbereichs verwendet, insbesondere für die Frequenzverdoppelung und Modulation von Hochleistungslasern. Sie sind auch für Anwendungen geeignet, die Kristalle mit großer Apertur benötigen, da sie leicht in großen Größen hergestellt werden können.

Lithium-Niobat (LiNbO₃): Lithium-Niobat ist für seinen starken elektrooptischen Effekt bekannt und wird vielfach in Modulatoren und für die Frequenzverdoppelung von Licht im Nahinfrarotbereich eingesetzt. Es bietet einen großen Transparenzbereich und unterstützt hohe Leistungsniveaus, benötigt aber Laser mit hoher Intensität für eine effiziente SHG, da sein nichtlinearer optischer Koeffizient relativ klein ist. LiNbO₃ kann ebenfalls periodisch gepolt werden.

Galliumselenid (GaSe): GaSe ist für seine starken nichtlinearen optischen Effekte vom mittleren Infrarot bis in den Terahertz-Bereich bekannt, was es zu einem bevorzugten Kristall für die Erzeugung von Terahertz-Wellen und Anwendungen im mittleren Infrarotbereich macht.

AgGaS₂ und AgGaSe₂: Diese Silber-Galliumsulfid- und Silber-Galliumselenid-Kristalle sind wichtig für Anwendungen im mittleren Infrarotbereich und bieten große Transparenzbereiche, die sich bis in den mittleren Infrarotbereich erstrecken. Sie sind besonders für parametrische Oszillatoren und für die Frequenzmischung zur Erzeugung eines Ausgangsstrahls im mittleren Infrarotbereich geeignet.

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