Quantenpunkte und Photonik
Der Nobelpreis für Chemie 2023 rückte Quantenpunkte ins Rampenlicht, die innovative Photonentechnologie im Nanobereich, die bereits jetzt Einfluss auf verschiedenste Anwendungen von der Onkologie bis hin zu Displays der nächsten Generation nimmt.
19. Dezember 2023 von Coherent
Mit diesem Beitrag wollen wir den Chemie-Nobelpreis 2023 feiern, der Moungi Bawendi, Louis Brus und Alexei Ekimov für die Entdeckung und Entwicklung eines einzigartigen neuen Materials verliehen wurde: Quantenpunkte.
Quantenpunkte sind kleine Partikel mit Durchmessern von wenigen Nanometern bis hin zu zweistelligen Werten im Nanometerbereich. Sie werden Quantenpunkte genannt, weil die Elektronen in diesen winzigen Nanokristallen aufgrund der geringen Größe Quantenverhalten aufweisen, das zumindest in Teilen durch die Partikelgröße und nicht durch die chemische Zusammensetzung bestimmt wird. Da sie in verschiedenen Größen hergestellt werden können, resultiert daraus zudem eine Möglichkeit zur Herstellung von Materialien mit den gewünschten elektrischen Eigenschaften. Und wenn das gewählte Material Licht absorbiert und/oder emittiert, können Materialien mit maßgeschneiderten photonischen Eigenschaften hergestellt werden. Unsere Laser werden häufig zum Untersuchen und Messen dieser Photoneneigenschaften eingesetzt.
Da ihr photonisches Verhalten konfigurierbar ist, werden Quantenpunkte bereits in kommerziellen Produkten genutzt und in vielen wissenschaftlichen Disziplinen eingesetzt, von der Physik über die Chemie bis hin zur Medizin. In der Produktion einiger dieser Produkte werden Laser eingesetzt. Wir werden ein Beispiel vorstellen, das den Einsatz unserer Laser illustriert. Schauen wir uns aber zunächst an, wie Quantenpunkte funktionieren.
Wie Quantenpunkte funktionieren – „Teilchen im Kasten“”
Die Quantenmechanik lehrt uns, dass sehr kleine Dinge wie Elektronen sich nicht nur wie Teilchen, sondern auch wie Wellen verhalten. Und wenn Wellen begrenzt werden – stellen Sie sich einen Kasten vor –, bestimmt die Größe des Kastens auch die mögliche Wellenlänge. Größere Kästen bieten mehr Platz, die Wellen können also länger sein. Kleine Kästen bieten weniger Platz, sodass nur kurze Wellen möglich sind. In der Chemie des Erstsemesterstudiums wird dieses einfache theoretische Modell „Teilchen im Kasten“ genannt, obwohl der Ausdruck „Welle im Kasten“ treffender wäre. Eine einfachere Analogie aus der Praxis sind die Schallwellen, die von Orgelpfeifen erzeugt werden. Längere Pfeifen erzeugen längere Schallwellen, also tiefere Frequenzen, die wir als tiefe Töne hören. Kürzere Pfeifen erzeugen kürzere Schallwellen, die höheren Frequenzen und somit höheren Tönen entsprechen.
Was bedeutet das für die photonischen Eigenschaften von Quantenpunkten? Wenn ein lichtabsorbierendes Material wie Cadmiumsulfid vorliegt, haben größere Punkte ähnliche Absorptionseigenschaften wie das Grundmaterial. Werden die Punkte kleiner, verschiebt sich das Absorptionsprofil hin zu kürzeren Wellenlängen, also in Richtung Blau. Entsprechend haben große Punkte bei Materialien (z. B. bestimmte Perowskitmaterialien), die absorbiertes Licht als Fluoreszenz wieder emittieren, ähnliche Emissionseigenschaften wie das Grundmaterial. Wenn die Punkte jedoch kleiner wird, verschiebt sich die Emission ins Blaue.
Quantenpunkte und Bildschirmtechnologie
Aufgrund der Fähigkeit, die Lichtabsorptions- und Emissionseigenschaften von Materialien durch die Bildung von Quantenpunkten bestimmter Größe zu steuern, können diese als Farbkonverter genutzt werden. Sie ersetzen die Rolle herkömmlicher Leuchtstoffe, beispielsweise für Displays. Wir bei Coherent wissen so einiges über Displays, weil unsere Laser in verschiedenen Herstellungsprozessen verwendet werden, z. B. für das Annealing von LTPS (Polykristallines Niedertemperatur-Silizium), aus dem häufig die Schaltungen der Rückwandplatine gebildet werden, zum Trimmen von Bildschirmmasken und für den Stoffübergang in den neuesten µLED-Displays.
Im Vergleich zu herkömmlichen Leuchtstoffen kann mit Quantenpunkten eine höhere Konversionseffizienz erzielt werden. Das ermöglicht hellere Displays. Außerdem kann das Emissionsspektrum (Farbstreuung) recht schmal sein. Das ermöglicht die Herstellung von RGB-Displays mit größerem Farbumfang.
Quantenpunkte werden bereits seit fast einem Jahrzehnt für Fernsehbildschirme verwendet, das als QLED-Fernseher bezeichnet werden. Hierbei handelt es sich um eine Art LCD-Display, bei dem die Punkte in einer Schicht enthalten sind. Das auf sie treffende Licht wird von der LED-Hintergrundbeleuchtung bereitgestellt. QLED-Fernseher sind derzeit sehr beliebtest, weil sie eine attraktive Bildqualität zu geringeren Kosten als OLED-Displays (Organic LED) bieten, bei denen jedes Pixel eine Leuchtdiode ist. Es gibt auch eine andere TV-Variante namens QD-OLED, bei der Quantenpunkte als Farbkonverter/-verstärker verwendet werden, um die Farbqualität im Vergleich zu OELDs zu verbessern.
Eine kommende Displaytechnologie wird als microLED bezeichnet. Hierbei befindet sich in jedem Pixel des Displays eine anorganische LED, die jedoch deutlich kleiner als das Pixel ist. Das bietet einige wichtige Vorteile. Erstens können microLED-Geräte in einer Größe von nur wenigen Mikrometern gefertigt, also dicht gepackt in enormen Stückzahlen und zu einem sehr niedrigen Stückpreis auf einem Wafer hergestellt werden. Zweitens kann der große ungenutzte Bereich jedes Pixels in künftigen AR/VR-Anwendungen für Sensorik oder andere Zwecke genutzt werden. Der schwierige Teil bei der Herstellung dieser Displays besteht darin, Hunderte Millionen der winzigen LEDs in nur wenigen Minuten zu übertragen und präzise zu platzieren. Coherent stellt hierfür eine clevere Methode namens UVtransfer bereit.
Wo kommen Quantenpunkte bei microLED-Displays ins Spiel? Tatsächlich gibt es bereits zwei Arten von microLED-Displays. Im Originalformat enthält jedes Pixel drei LEDs: rot, grün und blau. In einer anderen Variante werden ausschließlich blaue LEDs verwendet und Quantenpunkte als Farbkonverter für die Farben Rot und Grün eingesetzt. Diese Variante umgeht die Einschränkungen, die sich aus der geringeren Emissionseffizienz roter microLEDs ergeben.
Quantenpunkte: Neue wissenschaftliche Anwendungen
Techniker und Wissenschaftler setzen Quantenpunkte in anderen Bereichen für eine Vielzahl neuer Anwendungen ein, darunter Bioimagingverfahren zur Visualisierung von Krebserkrankungen. Aber Quantenpunkte stecken noch ganz am Anfang der Entwicklung. Viel grundlegende Entwicklungsarbeit ist noch erforderlich, um die Produktion ebenso wie die Funktion von Quantenpunkten in neuen Materialien zu optimieren. Unsere wissenschaftlichen Laser und Laserinstrumente werden dabei extensiv genutzt. Schauen wir uns einige Beispiele an.
Ultrakurzzeit-Spektroskopie Quantenpunkte emittieren Licht, wenn Elektronen, die – normalerweise durch Absorption von Licht – auf eine höhere Energiestufe angeregt wurden, diese Energie als Fluoreszenz freisetzen. Aber dieser Prozess hat nie einen Wirkungsgrad von 100%. Ein Teil der Energie geht in anderen Prozessen verloren. Wissenschaftler wollen diese Prozesse verstehen, um u. a. die Effizienz zu steigern. Ultrafastlaser sind aufgrund der ultraschnellen Taktung die besten Tools für Untersuchungen dieser Art. Die Laser werden häufig für die Ultrakurzzeit-Spektroskopie eingesetzt, bei der ein Femto- oder Pikosekunden-Laserpuls die Elektronen erregt und ein zweiter Puls die Probe abtastet.
THz-Raman. Alle Strukturen schwingen in einem gewissen Umfang. Die Atome in Molekülen schwingen mit Frequenzen, die dem Infrarotlicht entsprechen. Deshalb sind die meisten Chemielabore mit einem Infrarotspektrometer ausgestattet. Nanoskalige Strukturen wie Quantenpunkte vibrieren mit Terahertz(THz)-Frequenzen. Deren Untersuchung ist schwierig, da THz-Strahlung nur schwer zu erzeugen und zu messen ist. Coherent hat eine einfache clevere Lösung namens THz-Raman entwickelt, bei der sichtbares Laserlicht verwendet wird, um die THz-Werte zu ermitteln.
Abschließende Überlegungen
Nobelpreise im Bereich der Naturwissenschaften werden für Entdeckungen/Erfindungen verliehen, die neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum Gegenstand oder erhebliche Auswirkungen auf die praktische Anwendung haben. Quantenpunkte sind in nur wenigen Jahren zu einem hervorragenden Beispiel für beide Kategorien geworden. Sie repräsentieren einen spannenden Bereich der Photonik, der noch ganz am Anfang steht. Als im Bereich der Photonik tätiges Unternehmen freuen wir uns sehr, dass die Entwickler vom Nobelpreiskomitee mit dem Nobelpreis für Chemie 2023 geehrt wurden. Unseres Erachtens haben sie das wirklich verdient!